Einkommenssteuern - CReality

Direkt zum Seiteninhalt

Hauptmenü:

Einkommenssteuern

Wirtschaft


Für eine Flat Tax bei der Einkommenssteuer

Analyse

Gerechte Steuern sollten eine Einkommensumverteilung von oben nach unten fördern, auf jeden Fall aber nicht aber nicht verhindern oder gar ins Gegenteil umkehren. Insbesondere in den letzten Jahren hat es sich an einigen Orten - auch in der Schweiz - eingebürgert, die obersten Einkommensgruppen steuerlich zu entlasten, um ihnen einen Anreiz zu geben, sich im betreffenden Kanton niederzulassen und – nota bene – Steuern zu bezahlen. Diese Art von Steuerentlastung für hohe Einkommen führen zu degressiven Steuersystemen. Vor einigen Jahren hat das Bundesgericht im Fall des Kantons Obwalden eine degressive Steuer – also ein nach oben abnehmender Steuersatz - untersagt, weil die in der schweizerischen Verfassung festgelegte Steuerpflicht nach wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit erfolgen muss. Das Gericht befand, dass eine degressive Steuer diesem Prinzip widerspreche, nicht aber eine lineare Steuer, also eine so genannte „Flat Tax“.

Bekanntlich gibt es zwischen den einzelnen Ländern – und oft auch innerhalb der einzelnen Länder zwischen verschiedenen Standorten – einen heftigen Steuerwettbewerb. Viele Länder versuchen, durch Steueranreize gute Steuerzahler zu gewinnen. Das kann zu erheblichen Ungerechtigkeiten führen. Ein Beispiel dafür ist etwa die in der Schweiz gängige Praxis, ausländischen Personen mit grossen Vermögen und/oder hohen Einkommen eine Steuerpauschale anzubieten. So zahlen Personen mit exorbitanten Einkommen aus dem Ausland zum Teil lächerlich geringe Steuern. Dabei wird ein fiktives Einkommen angenommen, das einen gewissen Lebensstandard gewährt. So soll der russische Milliardär und Investor Vekselberg im Kanton Zürich 1,9 Millionen Franken Steuern im Jahr bezahlt haben, nach seinem Umzug in den Kanton Zug zahlte er 2010 - nach eigenen Angaben – nur noch gut eine Million Franken im Jahr (Zentralschweiz am Sonntag vom 9.10.2010:3).

Während die schweizerische Bevölkerung jeden Franken ihres mühsam verdienten Einkommens versteuern muss, erhalten reiche Ausländerinnen und Ausländer sagenhafte Steuerrabatte. Es ist darum nicht erstaunlich, dass die Bevölkerung des Kantons Zürich in einer Volksabstimmung die Pauschalbesteuerung für ausländische Personen verworfen hat – und seither wird die Thematik auch in anderen Kantonen diskutiert.

Zur Geschichte der Einkommenssteuern
In den USA wurde die erste Einkommenssteuer 1862 beschlossen. Sie bestand aus einer Steuer von 3 Prozent auf Einkommen zwischen 600 und 10'000 Dollar. Gleichzeitig wurde die Bundessteuerbehörde, das Internal Revenue Service IRS, gegründet (Bonner/Wiggin 2006:222). Die Steuer wurde als temporäre Regelung zur Finanzierung des Bürgerkriegs errichtet und 1872 wieder abgeschafft.

1894 wurde die Einkommenssteuer wieder eingeführt, aber vom Obersten Gericht mit 5 zu 4 Stimmen als verfassungswidrig erklärt. 1907 paktierte Präsident Theodore Roosevelt mit einer Gruppe innerhalb der Demokratischen Partei zur Wiedereinführung der Einkommenssteuer. 1913, gerade rechtzeitig vor Wilsons Auftritt auf der Weltbühne, ratifizierten genügend Einzelstaaten den 16. Verfassungszusatz und machten die Einkommenssteuer zum Gesetz. Der Verfassungszusatz lautete wie folgt: „Der Kongress hat das Recht, Steuern auf Einkommen beliebiger Herkunft zu legen und einzuziehen, ohne sie proportional auf die einzelnen Staaten aufteilen zu müssen oder an eine Schätzung oder Volkszählung gebunden zu sein“ (zitiert nach Bonner/Wiggin 2006:225). Kurz darauf setzte Präsident Wilson das erste Einkommenssteuergesetz durch, wonach Einkommen über 3000 Dollar einer Einkommenssteuer von 1 Prozent unterlagen. Für höhere Einkommen stieg der Steuersatz bis zu 7 Prozent.

1916 wurde der Spitzensteuersatz von 7 auf 15 Prozent verdoppelt. 1917 - mit dem Kriegseintritt der USA - schnellte der Steuersatz auf 67% und 1918 sogar auf 77% hoch (Bonner/Wiggin 2006:226). Während des Zweiten Weltkriegs stieg der Mindeststeuersatz für Einkommen auf 23%.

„Heutzutage stösst sich an der Komplexität der Abgabeordnung der Vereinigten Staaten eine ganze Armee spezialisierter Anwälte und Steuerberater gesund und gerät jeder Versuch zur Vereinfachung der Steuergesetze selbst zu einem administrativen Monster, wie das Beispiel eines Gesetzes zu ‚technischen Korrekturen' mit 900 Seiten voller Korrekturvorschläge beweist. Anfang des 21. Jahrhunderts brachten es die amerikanischen Steuergesetze auf über sieben Millionen Worte, rund das Neunfache der Textmenge der Bibel, und verschickte die US-Steuerbehörde jedes Jahr rund acht Milliarden Seiten an Formularen und Hinweisen - was umgerechnet 300'000 Bäumen entspricht! Insgesamt summiert sich das auf etwa 5,4 Milliarden Stunden pro Jahr, die die Amerikaner allein auf die Einhaltung der Steuergesetze verwenden“ (Bonner/Wiggin 2006:226).

Auch in anderen Ländern ist die Einkommenssteuer mittlerweile sehr komplex geworden – nicht zum Vorteil der Steuerpflichtigen, wie man sich leicht vorstellen kann. Man kann gegen die Steuerpraxis in der Schweiz einiges einwenden, aber bis heute zählt die Schweiz zu den wenigen Ländern, in denen die Steuerpflichtigen ihre Steuererklärung noch ohne Hilfe von Steuerexperten ausfüllen und auch die erhobene Steuereinschätzung kontrollieren können.

Natürlich sind die Höhe der Einkommenssteuer und die Steuerprogression in den einzelnen Ländern sehr unterschiedlich. Das führt dazu, dass nicht wenige Länder in einem ruinösen Steuerwettbewerb gegeneinander stehen, der teilweise sogar auch innerhalb des gleichen Landes geführt wird, wie etwa das Beispiel der Schweiz zeigt.


Lösungsansätze

Progression und Degression und Flat Tax
Ein nicht zu unterschätzendes Problem ist die Tatsache, dass in (fast) allen Ländern die Einkommenssteuer nur sehr schwierig zu berechnen ist. Progressive oder degressive Einkommenssteuern, diverse Abzüge und fiktive Einkommen – wie z.B. in der Schweiz der Eigenmietwert, also die Annahme eines fiktiven Einkommens aufgrund selbst bewohnten Wohneigentums – führen dazu, dass der persönliche Steuersatz für Laien nur sehr schwierig zu berechnen ist oder sogar völlig unverständlich bleibt. Dazu kommt die oft nicht gerade einfache Erhebung des Vermögens.

Aus diesem Grund wurde vorgeschlagen, eine „Flat Tax“ einzuführen, bei der ein einziger Steuersatz für sämtliche Einkommensgruppen gilt. Jede/r könnte somit auf einem Bierdeckel seine Steuern ausrechnen.

Von linker Seite wurde gegen das Modell der „Flat Tax“ nicht zu Unrecht eingewendet, dass es unsozial sei, Kleinverdienende und Grossverdienende mit dem gleichen Steuersatz zu besteuern. Das ist richtig, wenn das sowohl für die Einkommens- als auch für die Vermögenssteuer gilt.

Doch im Zusammenspiel mit der in der vorgeschlagenen Regelung (vgl. Vermögen...), sämtliche Vermögensanteile über 5 Millionen und mit Verzögerung von einem 1 Jahr nach Erreichung dieser Grenze einer Reichtumsabschöpfungssteuer zu unterziehen, scheint eine lineare „Flat Tax“ auf das Einkommen sinnvoll. Denn wenn das Einkommen zu einem Vermögen von mehr als 5 Millionen führt, wird der darüber liegende Betrag automatisch umverteilt oder steuerlich abgeschöpft.


Zusätzlich muss bei einer Einkommenssteuer nach dem Flat Tax-Modell darauf geachtet werden,dass ein grosszüger Freibetrag nach unten definiert wird: KLeinste und kleine Einkommen sind von der Einkommenssteuer auszunehmen.


Bei einem fixen Steuersatz auf das Einkommen wissen alle auf höchst einfache Art und Weise, welcher Anteil ihres Einkommens als Steuer wegfällt. Und damit wäre zum Beispiel das heute zu beobachtende Phänomen, dass in Familien, in denen der Mann 100% arbeitet und die Frau einen Teilzeitjob ausübt (oder umgekehrt), oftmals aufgrund der Progression und der Ehepaarbesteuerung der Zweitverdienst zu 100% für die Steuern drauf geht. Ausserdem würde das gesamte Steuersystem transparenter und verständlicher, was bei den Steuerverwaltungen ausserdem zu einer nicht unerheblichen Kostenersparnis führen würde.

Allerdings darf der Steuersatz nicht zu hoch angesetzt werden, um die Sparquote und den Vermögensaufbau nicht zu gefährden.

Am einfachsten wäre es, die Flat Tax mit einer Quellensteuer zu erheben. Eine Quellensteuer wird gleich dort, wo ein Einkommen entsteht, also an der Quelle, eingezogen bzw. zurückgehalten und an die Steuerbehörden weitergeleitet, zum Beispiel beim Unternehmer, der den Lohn auszahlt. Das wird z.B. in der Schweiz seit Jahren praktiziert, etwa bei vielen Anlageformen – z.B. bei Sparkonti
, wo 35% des Zinsertrags durch die Banken einbehalten und an die Steuerbehörden weitergeleitet werden, oder bei nicht niedergelassenen Ausländerinnen und Ausländern. Während quellenbesteuerte Ausländerinnen und Ausländer gar keine Steuererklärung ausfüllen müssen, wird die auf Vermögenseinkünfte erhobene Quellensteuer auf der Steuererklärung angegeben und dem Steuerpflichtigen gut geschrieben oder – wenn der Betrag grösser ist als die effektiv geschuldete Steuer – zurückbezahlt. Dass funktioniert zur Zufriedenheit aller. Ebenso würde all jenen Personen, deren Einkommen unter dem Steuerfreibetrags liegt, der zurückbehaltene Betrag rückvergütet. Arbeitgeber könnten die Quellensteuer direkt von den Löhnen abziehen, Kapitalgesellschaften von den Zinsen usw. Aber wie gesagt: Die Quellensteuer ist keine Bedingung für die Einführung einer Flat Tax, sondern lediglich eine mögliche Konkretisierung und Ergänzung. Übrigens kommt die Quellensteuer in der Schweiz seit Jahren für ausländische Personen ohne Niederlassung zur Anwendung, die Arbeitgeber sind also bestens damit vertraut.


Angeführt Literatur
Bofinger, Peter
20072: Grundzüge der Volkswirtschaftslehre. Eine Einführung in die Wissenschaft von Märkten. München et al.: Pearson Studium.
Bonner, Bill / Wiggin, Addison
2006: Das Schuldenimperium. Vom Niedergang des amerikanischen Weltreichs und der Entstehung einer globalen Finanzkrise. München: Riemann Verlag.
Neue Zürcher Zeitung
20.10.2011:
Westeuropa belastet den oberen Mittelstand am stärksten.
Zentralschweiz am Sonntag
9.5.2010: Viktor Vekselberg, russischer Milliardär: “Ich zahle in Zug über eine Million”. Interview.

Weiterführende Texte
Jäggi, Christian J.
2014: Die Flat Tax als Modell für die Einkommenssteuer. LE V35. 20 Seiten. Meggen: Inter-Active.
Bezugsadresse: creality@bluewin.ch.


 
 
Zurück zum Seiteninhalt | Zurück zum Hauptmenü