Inflation und Deflation - CReality

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Inflation und Deflation

Wirtschaft


Für Preisstabilität als langfristiges volkswirtschaftliches Ziel

Analyse


Inflation
Inflation kann definiert werden als Anstieg der Geld- und Kreditmenge im Vergleich zur Menge der real produzierten Güter und Dienstleistungen im gleichen Zeitraum. Inflation entsteht also bei grösserem Wachstum der Geldmenge im Vergleich zum Wachstum der Gütermenge, aber auch bei konstanter Geldmenge und abnehmender Gütermenge.
Doch der Zusammenhang zwischen umlaufendem Geld und Güterproduktion ist komplexer.
Heute definieren die Ökonomen den Zusammenhang von Geld- und Gütermenge, Umlaufgeschwindigkeit des Geldes und Preisniveau wie folgt: „Geldmenge x Umlaufgeschwindigkeit = Gütermenge x Preisniveau“ (Eisenhut 2006:111). Diese Gleichung nennt man Quantitätsgleichung des Geldes. Entsprechend kann es aus verschiedenen Gründen zu Inflation kommen: Entweder durch Zunahme der Geldmenge, durch Erhöhung der Umlaufgeschwindigkeit des Geldes oder infolge abnehmender Gütermenge.
Wenn man die Geldmenge, die Gütermenge und das Preisniveau einer Wirtschaft kennt, lässt sich daraus die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes errechnen. 1990 belief sich die Geldmenge der Schweiz auf 111,5 Milliarden. Das Bruttoinlandprodukt belief sich auf 314 Milliarden gemäss der Quantitätsgleichung: Geldmenge x Umlaufgeschwindigkeit = BIP x Preisniveau lautete somit für die Schweiz: 1990: 111,5 Mrd. x 2,82 = 314 Mrd. x 1 (Eisenhut 2006:111). Weil 1991 das reale Bruttoinlandprodukt auf 311,6 Milliarden sank und die Geldmenge auf 113,7 Milliarden (+2%) stieg, folgt daraus, dass entweder das Preisniveau gestiegen oder die Umlaufgeschwindigkeit gesunken sein musste. In der Tat erhöhte sich das Preisniveau - und damit die Inflation - um 5,9%, aber auch die Umlaufgeschwindigkeit nahm zu: Geldmenge x Umlaufgeschwindigkeit = BIP x Preisniveau:
113,7 Mrd. x 2,902 = 311,6 Mrd x 1,059 (Eisenhut 2006:112).

Deflation
Genau umgekehrt zur Inflation bedeutet Deflation einen Rückgang der Geld- und Kreditmenge bei gleich bleibender Menge de produzierten Güter und Dienstleistungen. Oder aber – was wenig wahrscheinlich ist – die Menge der produzierten Güter und Dienstleistungen wächst schneller als die Geld- und Kreditmenge. Laut Leuschel und Vogt (2009:107) können platzende Spekulationsblasen eine deflationäre Tendenz haben, weil sie zu einer Zunahme der Geldnachfrage und zu einer Abnahme des Geld- und Kreditangebots führen. Nach dem Platzen einer Finanzblase wird Bargeld als sicherer Hafen angesehen und nachgefragt. Weil die Risikobereitschaft von Wirtschaft und Privatanlegern zurückgeht, sinkt dabei die Kreditnachfrage. Infolge des Stimmungsumschwungs stellen die Kreditgeber grössere Anforderungen an die Kreditnehmer in Bezug auf Sicherheiten und Bonität, die Kredite verteuern sich. Die Konsumenten sind verschuldet, zum Teil sogar überschuldet. Die Realeinkommen steigen nicht mehr oder sinken sogar. Sinkende Immobilienpreise (und auch Aktienpreise) führen über den Wohlstandseffekt zu rückläufigem Konsum und zu steigenden Sparquoten. Die Arbeitsmarktsituation verhindert Lohnerhöhungen, was wiederum die Konsumkraft verringert. Die sinkende Nachfrage führt zu steigender Arbeitslosigkeit und damit zu weiterem Rückgang der Produktion. Als Folge dieses deflationären Teufelskreises müssen enorme Summen abgeschrieben werden.

Inflation als Mittel gegen Schulden und Finanzkrisen?
Um die in der Folge der Finanzkrise von 2008-2009 ins Unermessliche gestiegenen Staatsschulden abzubauen, haben Ökonomen vorgeschlagen, eine höhere Inflationsrate zu akzeptieren, welche einerseits den Wert des umlaufenden Geldes laufend verringert und andererseits den Wert der Schulden sukzessive zurückgehen lässt. Die Ökonomen Joshua Aizenman und Nancy Marion haben berechnet, dass eine Inflationsrate von 6% in den USA über vier Jahre die Verschuldungsquote um 20% senken würde. Bereits 1946 – 1955 halbierten die USA die Verschuldung massgeblich durch eine Inflationsrate von 4% (vgl. Neue Zürcher Zeitung vom 21.12.2009). Dabei schafften es die Vermögenden, dem abzusehenden Werteverlust ihres Vermögens durch Umlagerung ihrer Guthaben in Realwerte zu entgehen, während die kleinen und mittleren Sparer/innen zusehen mussten, wir der Wert ihrer Ersparnisse dahinschwand. Das wird auch in Zukunft nicht anders sein.
Es spricht einiges dafür, dass dieses Szenario bereits seit geraumer Zeit läuft: Bereits heute wächst die Geldmenge M3 in den USA und im Euro-Raum zweistellig. Obwohl die Europäische Zentralbank einen Zielwert von 4,5% Wachstum für die Geldmenge M3 vorsieht, wuchs sie 2007 bereits um 11,5%. In den USA wird das Wachstum der Geldmenge M3 seit 2006 nicht mehr veröffentlicht. Der amerikanische Statistiker John Williams berechnete mit Hilfe von öffentlich zugänglichen Daten ein M3-Wachstum in den USA von mehr als 15% (Bichlmaier 2009:268). Andre Quellen sprachen sogar von 14 - 16% (Bichlmaier 2009:275). Weil die Erhöhung der Geldmenge ohne entsprechende Zunahme der Produktion zu Inflation führt, kann man davon ausgehen, dass die Inflation bereits heute höher ist als in den offiziellen Statistiken angegeben wird. So meint John Williams, dass die heutige Inflation in den USA bereits bei 12% liegen würde, wenn die Inflationsrate immer noch so berechnet würde wie 1980 (Wirtschaftswoche vom 18.2.2008, zitiert nach Bichlmaier 2009:269).


Lösungsansätze

Durch eine massive Erhöhung der Geldmenge ist es den Notenbanken während der Finanzkrise gelungen, das Inter-Banken-System, also die gegenseitige Gewährung von Krediten durch Geschäftsbanken – zu verhindern. Doch wenn es auch gelang, den Zusammenbruch des Finanzsystems zu vermeiden, sind die Auswirkungen gewaltig – und gehen zu einem grossen Teil auf Kosten der Armen und Ärmsten:
- Auf der einen Seite nahm in den letzten Jahren die staatliche Verschuldung eines Grossteils der westlichen Länder massiv zu. Diese Schulden werden zu einem grossen Teil auf Kosten der Kleinen abgebaut, wie die Beispiele Islands und Griechenlands zeigen: Soziale Sparprogramme treffen die Kleinverdienenden und Ärmsten.
- Durch eine gezielte höhere Inflation werden alle Sparguthaben – sofern nicht in Sachwerten angelegt – gezielt und systematisch entwertet. Auch das trifft vor allem die Kleinsparerinnen und -sparer, weil sie in der Regel nicht in Sachwerte ausweichen können.
- Hilfspakete wie etwa der EU und des Internationalen Währungsfonds für Griechenland sind in Wahrheit Hilfspakete für die Grossinvestoren – also Investmentgesellschaften und Banken. Diese profitieren von der Spekulation gegen Länder wie Griechenland, Island, Irland, Spanien usw. doppelt: Zuerst kaufen sie in grosser Zahl Staatsanleihen dieser Länder, für die sie enorme Zinsen kassieren (7, 8, 9, 10 oder mehr %) – also so genannte Risikozinsen. Weil aber durch die die Hilfspakete verhindert wird, dass ein Land zahlungsunfähig wird, tragen faktisch EU und IWF (und damit auch die Schweiz) und damit alle Steuerzahlerinnen und Steuerzahler dieser Länder das Risiko der Grossinvestoren.

Doch was geschieht, wenn ein Staat zahlungsunfähig wird? Die Bedienung der Schulden wird eingestellt und im äussersten Fall kommt es zu einer Umschuldung. Dabei werden die Anleihen wertmässig heruntergestuft, es erfolgt ein so genannte „Haircut“ (vgl. Schweizerische Handelszeitung vom 5.-11.5.2010). Das bedeutet, dass die Inhaber bzw. früheren Käufer von Staatsanleihen nur noch einen Teil des bezahlten Betrags zurück erhalten. Die Liste der bisher grössten Abschläge auf Staatsanleihen in jüngerer Zeit sieht so aus:
Russland:69,2%
Argentinien: 67%
Ecuador: 60%
Ukraine: 59,2%
Uruguay: 36,2%
Pakistan: 30,4%
Quelle: Schweizerische Handelszeitung vom 5.-11.5.2010

Welche Folgerungen ergeben sich daraus?
1. Die Investoren in Hochrisiko- Staatsanleihen müssen auf jeden Fall gezwungen werden, nicht nur den Gewinn, sondern auch das Risiko der von ihnen gekauften hoch rentablen Staatsanleihen zu tragen. Deshalb muss es im Fall von Zahlungsunfähigkeit einzelner Länder zu Umschuldungen bzw. zu einem „Haircut“ kommen, der zu Lasten der Anleger gehen muss.
2. Kleine Sparerinnen und Sparer müssen von den Auswirkungen der Inflation geschützt werden, etwa indem gesetzlich festgelegt wird, dass Sparerinnen und Sparer z.B. bis zur Höhe des garantierten Spareinlagen von 100'000.- mindestens einen Sparzins in der Höhe der Teuerung erhalten.
3. Investmentgesellschaften, Banken und andere Unternehmen, welche im Anlagebereich tätig sind, müssen zur Übernahmen der Risiken verpflichtet werden – und staatliche Hilfe muss sich auf volkswirtschaftlich notwendige Bereiche beschränken.
4. Anlagen im Rahmen der Altersvorsorge - insbesondere in Form von Zwangssparen (z.B. in den schweizerischen Pensionskassen) - sollten nicht oder nur zu einem geringen Mass in hoch spekulativen und risikoreichen Bereichen erfolgen. Entsprechend sollte derjenige Teil des Alterssparens, der auf dem Kapitaldeckungsverfahren beruht und somit stark von den Schwankungen der Finanzmärkte abhängig ist, beschränkt werden. Obwohl damit die Rendite sinkt, steigt die langfristige Sicherheit. Altersvorsorgesysteme, die auf dem Umlageverfahren beruhen (z.B. in der Schweiz die AHV), sind zwar stärker der soziodemografischen Entwicklung unterworfen, doch sind die längerfrisitigen Risiken deutlich geringer als beim Kapitaldeckungsverfahren.


Angeführte Literatur
Bichlmaier, Simon
2009: Zu Geld und Ökonomie. Gelnhausen: Wagner-Verlag.
Eisenhut, Peter
2006: Aktuelle Volkswirtschaftslehre. Zürich / Chur: Verlag Rüegger.
Leuschel, Roland / Vogt, Claus
2009: Die Inflationsfalle. Retten Sie ihr Vermögen! Weinheim: Wiley-VCH Verlag.
Neue Zürcher Zeitung
21.12.2009: Vorbereitung auf den Ausstieg. Ein Ende der extrem expansiven Geld- und Finanzpolitik rückt in Sicht.
Schweizerische Handelszeitung
5.-11.5.2010: Eine Umschuldung, der gefürchtete „Haircut“, bietet Anleihen-Investoren durchaus auch Chancen – das zeigen Beispiele aus der Vergangenheit.

Weiterführende Texte
Jäggi, Christian J.
2012: Inflation und Deflation. LE V8. Meggen: Inter-Active. 18 Seiten.
Bezugsadresse: creality@bluewin.ch.

 
 
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