Globale Ethik - CReality

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Globale Ethik

Weltreligions-ordnung

Für eine gerechte Welt braucht es eine universelle und globale Ethik


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Thesen zur aktuellen Problematik
1. Ganze Menschengruppen, Minderheiten und unzählige Einzelpersonen auf der Welt – besonders auch viele Frauen und Kinder – leiden unter hoher Verletzlichkeit und werden nur ungenügend geschützt.
2. Politisch motivierte oder konnotierte Gewalt bleibt in vielen Weltgegenden alltäglich, legitim und wird zur Durchsetzung eigener Interessen eingesetzt.
3. Einige Regierungen von Nationalstaaten und andere globale Akteur torpedieren bis heute die Errichtung einer gerechten politischen Weltordnung.
4. An vielen Orten werden systematisch Menschenrechte verletzt und oft fehlt die Möglichkeit, Menschenrechtsverletzungen auch juristisch einzuklagen und durchzusetzen.
5. Demokratie gilt nur für eine Minderheit der Weltbevölkerung.


Lösungsansätze
Folgende ethischen Prinzipien müssen Grundlage einer neuen Weltordnung werden:
- Das Prinzip der Personalität und Menschenwürde formuliert in Form von positiven Rechten, wie z.B. der Grundversorgung, gerechter Entlöhnung usw. und in Form von negativen Rechten, also als Abwehr- und Schutzrechte gegenüber dem Staat und gegenüber Dritten;
- das Prinzip der Solidarität gegenüber allen Menschen, zusätzlich konkretisiert in der vorrangigen Option für die Armen;
- das Prinzip der Subsidiarität, insbesondere in Form eines Kompetenzanmassungs- und Interventionsverbots, Schutz vor unange-messenen Eingriffen, aber auch als Hilfe zur Selbsthilfe;
- der Vorrang des Gemeinwohls, heute meist verstanden als Grundlage für soziale Sicherheit und einer – begrenzten – sozialen Umver-teilung sowie als Gegengewicht gegen überbordende Partikularinteressen von Einzel-personen oder Gruppen;
- das Prinzip der Nachhaltigkeit; sowie
- das Prinzip der sozialen Gerechtigkeit (in Anlehnung an Thieme 2017:56f.).


Diskussion
Die Gruppe von Lissabon (1997:172ff.) hat schon vor über 20 Jahren vorgeschlagen, vier globale Abkommen zu realisieren, nämlich
einen Grundbedürfnisvertrag, welcher die Grundversorgung aller Menschen mit Nahrung, Wasser und Unterkunft garantiert,
einen Kulturvertrag, welcher Toleranz fördert und den Dialog zwischen den Kulturen verbessert,
einen Demokratievertrag mit dem Zweck der Einberufung einer globalen Bürgerschaftsversammlung mit dem Ziel der Schaffung eines „Weltsenats" und eines „Weltbundesrats" sowie
einen Erdvertrag, in welchem der nachhaltige Umgang mit der Natur im Sinne des Rio-Abkommens von 1992 geregelt wird (vgl. Gruppe von Lissabon 1997:181 sowie Meier 2003:46).
Diese Vorschläge sind es wert, in einer breiten Öffentlichkeit diskutiert zu werden. Insbesondere die beiden Vorschläge eines Grundbedürfnisvertrags und eines Demokratievertrags könnten sich als tragbare Grundlage für die künftige Gestaltung unseres Planeten erweisen. Demgegenüber sind die beiden Vorschläge eines Kulturvertrags und eines Erdvertrags deutlich unverbindlicher und weniger tief greifend – aber beide könnten in Form von kulturellen und ökologischen Grundrechten konkretisiert und als einforderbare Welt-Grundrechte im Rahmen einer politischen Weltordnung verankert werden.
Mark R. Amstutz (2013:36) hat mit Bezug auf John Rawls (vgl. 1999:36ff.) acht Prinzipien formuliert, die für liberale Demokratien – und im Grunde für die gesamte Menschheit – gelten sollten:
1.  Völker sind frei und unabhängig, und ihre Unabhängigkeit muss durch die anderen Völker respektiert werden.
2.  Völker müssen Verträge und Verbindlichkeiten einhalten.
3.  Völker sind gleich und Partner oder Parteien in Vereinbarungen, die sie eingehen und die sie binden.
4.  Völker müssen die Verpflichtung zur Nicht-Intervention einhalten.
5.  Völker haben das Recht auf Selbstverteidigung, aber kein Recht, Kriege aus anderen Gründen als zur Selbstverteidigung anzuzetteln.
6.  Völker müssen die Menschenrechte anerkennen.
7.  Völker müssen bestimmte, klar spezifizierte Einschränkungen in der Kriegsführung einhalten.
8.  Völker haben die Pflicht, anderen Völkern beizustehen, welche unter ungünstigen Bedingungen leben, welche sie davon abhalten, eine gerechte oder angemessene politische und soziale Ordnung einzurichten.
Im Sinne von Rawls kann ein nach diesen Regeln gestaltetes Völkerrecht als Mindeststandard für ein friedliches und stabiles Neben- und Miteinander von Nationalstaaten gelten. Das Einhalten dieser Prinzipien ermöglicht auch eine Art moralisches Lernen (vgl. Rawls 1999:44ff. sowie Opgen-Rhein 2009:79). Doch auf die Länge braucht es darüber hinausgehende Regelungen und Regierungsinstitutionen auf transnationaler Ebene.

Forum

Angeführte Literatur
- Amstutz, Mark R.
2013: International Ethics. Concepts, Theories, and Cases in Global Politics. Lanham: Rowman & Littlefield Publishers.
- Gruppe von Lissabon
1997:  Grenzen des Wettbewerbs. Die Globalisierung der Wirtschaft und die Zukunft der Menschheit. München: Luchterhand.
- Meier, Bernd
2003: Mehr Gemeinsinn! Eine richtige Antwort auch auf die Globalisierung? Köln: Deutscher Institutsverlag.
- Opgen-Rhein, Rainer
2009: Philosophische Theorien globaler Ordnung. Realistische Entwürfe oder nur Utopien? Marburg: Metropolis-Verlag.
- Rawls, John
1999: The Law of Peoples. Harvard: Harvard University Press.
- Thieme, Sebastian
2017: Menschengerechtes Wirtschaften? Subsistenzethische Perspektive auf die katholische Sozialethik, feministische Ökonomik und Gesellschaftspolitik. Opladen: Barbara Budrich.

Texte zum Herunterladen (free download):
Unit E6: Ethische Kriterien für eine gerechte Wirtschaft
Unit E16: Konflikt und Ethik
Unit T2.7: Interkulturelle Kommunikations-missverständnisse
Unit G20: Ethische Bildung


Leider können wir aus rechtlichen Gründen einen Teil der Texte nur auf Englisch zum free download anbieten -
englische Texte hier...

Buchhinweise  
Christian J. Jäggi:

Auf dem Weg zu einer inter-kontextuellen Ethik. Übergreifende Elemente aus religiösen und säkularen Ethiken.
Münster: Lit Verlag 2016. Reihe: Ethik interdisziplinär. Band 23. 310 Seiten. ISBN 978-3-643-80244-6; broschiert.
Zum Inhalt:
Ethische Vorstellungen beruhen auf zwei  grossen geisteswissenschaftlichen Quellen: Auf religiösen Glaubensvorstellungen göttlicher Heilordnungen und auf den Vorstellungen von Vernunft, Freiheit und  Autonomie. Beide, also religionsspezifische Ethikvorstellungen und aufklärerisches Denken, sind in jüngster Zeit an ihre Grenzen gestossen. Religiöse Ethiken stehen einerseits vor der Herausforderung des Fundamentalismus und verlieren anderseits an Verbindlichkeit. Säkulare Ethiken verlieren sich in individuellen Beliebigkeiten und leiden unter weggebrochenen Wertvorstellungen. Vernunft und Rationalität zerfallen zunehmend in eine Vielzahl sozio-kultureller Codes, Weltanschauungen und individueller Weltverständnisse. Im ersten Teil dieses Bandes werden wichtige religiöse Zugänge zur Ethik beschrieben. Im zweiten Teil kommen zentrale ethische Aspekte des säkularen Denkens zur Sprache. Die daraus ableitbaren Elemente bilden Bausteine für eine grenzüberschreitende, universelle Ethik.
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