Menschenrechte - CReality

Direkt zum Seiteninhalt

Hauptmenü:

Menschenrechte

Politische Ordnung

Menschenrechte als garantierte Grundrechte überall und für alle auf der ganzen Welt

[english text here...]

Thesen zur aktuellen Problematik
1. Die Menschenrechtssituation hat sich in den vergangenen Jahren vielerorts verschlechtert oder zumindest nicht verbessert.
2. Besonders in autokratisch regierten Ländern ist die Durchsetzung der Menschenrechte schwieriger geworden oder sogar für einzelne Bevölkerungsgruppen ausser Kraft gesetzt.
3. Autokratische Regierungen lehnen das Engagement für Menschenrechts als westliche Einmischung in ihre inneren Angelegenheiten oder gar als Terrorismus ab und blockieren die Tätigkeit von Menschenrechtsorganisationen in ihren Ländern.


Lösungsansätze
- Demokratisierung der Menschenrechte und ihre Durchsetzung und Garantie in allen Ländern.
- Universalisierung der Menschenrechte durch einen „Dialog der Kulturen" unter Durchsetzung der Unverletzlichkeit des Geistes und des Körpers und der Gleichheit vor dem Gesetz.
-
Unteilbarkeit der Menschenrechte im Sinne einer vollständigen Durchsetzung aller Menschenrechte bei Gleichwertigkeit bürgerlicher und wirtschaftlicher Rechte.
-
Globalisierung der Menschenrechte und Garantie des Überlebens, der Freiheit, des Wohlbefindens und der Identität aller Menschen durch ein Weltregierungssystem.
-
Stärkung der kollektiven Menschenrechte im Sinne einer Stärkung gruppenspezifischer Identitätsaspekte auf den verschiedenen Ebenen.
-
Verstärkung der Überlebensorientierung der Menschenrechte mit Möglichkeiten friedlicher bzw. gewaltfreier Konfliktaustragung und Wiedergutmachungsmöglichkeiten z.B. durch Wahrheits- und Versöhnungskom-missionen (in Anlehnung an Galtung 2000:11f., zusammengefasst von Jäggi 2021:176).
-
Ausserdem:  jederzeit und überall auf dem Planeten mögliche Einklagbarkeit der Nichteinhaltung der Menschenrechte vor Gericht – mit der Verurteilung von Menschenrechtsverletzungen durch private oder staatliche Akteure. Nur so kann letztlich die Durchsetzung der Menschenrechte auch im Alltag durchgesetzt und garantiert werden.


Diskussion

Frederik von Harbou (2014:276) nennt vier zentrale Schutzgüter der Menschenrechte, nämlich „1)  körperliche und psychische Integrität, 2)  Subsistenz, 3)  Freiheit sowie 4)  Gleichheit".
Laut Sergio Dellavalle (2011:123/124) bewegen sich die Menschenrechte ideengeschichtlich zwischen zwei Polen: Nach der ersten Auffassung wurden die Menschenrechte sozusagen „von oben" implementiert (auch „absteigende" Interpretation der Menschenrechte genannt, vgl. Dellavalle 2011:130), weshalb sie – immer nach dieser Ansicht – nicht partizipativen Verfahren abhängig sind, aber dafür Gefahr laufen, sie Drittinstanzen wie z.B. Gerichten zu überlassen. Die zweite Auffassung sieht die Menschenrechte als Folge und Ausdruck sozialer und politischer Prozesse (auch „aufsteigende" Interpretation genannt, vgl. Dellavalle 2011:139), also der demokratischen Partizipation der Menschen.
Der Menschenrechtsgedanke unterliegt aus ethischer Sicht folgendem Dilemma: Wenn man die Menschenrechte als unaufgebbare Rechte eines jeden Menschen versteht, unabhängig von kultureller oder nationale Zugehörigkeit, religiöser Überzeugung oder Weltanschauung, dann stellt sich die Frage, wie mit Menschen umzugehen ist, die aus kultureller, religiöser oder weltanschaulicher Überzeugung die Universalität der Menschenrechte ablehnen. Können, müssen, sollen oder dürfen die Menschenrechte durchgesetzt werden, auch wenn sie nicht von allen Menschen geteilt werden? Wenn ja: Verletzt damit die Menschenrechtsbewegung nicht ihre eigenen Prinzipien, etwa der Meinungs- und Glaubensfreiheit? Wenn nein, verliert dann die Menschenrechtsidee nicht gerade ihr zentrales Anliegen, nämlich die Garantie und Durchsetzung von Grundrechten für alle Menschen, unabhängig von ihren Spezifitäten?
Es scheint, aus ethischer Sicht kann es nur eine Lösung geben: Immer wieder versuchen, den Menschenrechtsgedanken diskursiv, also im Gespräch und durch Überzeugungsarbeit, aber gewaltfrei, allen Menschen näher zu bringen. Ethische Überzeugungsarbeit durch Diskurs, geduldig, beharrlich und ohne Vereinnahmung, aber auch ohne sich durch Misserfolge entmutigen zu lassen. Oder wie es Jürgen Habermas (2001:180) einmal sinngemäss formuliert hat: Wenn „die Menschenrechte als transkulturelle Sprache akzeptiert werden" (Habermas 2001:180), werden diese aus der einseitigen Beheimatung im Westen ausbrechen und zum Eigentum aller Kulturen auf diesem Planeten werden.
Georg Lohmann (2012:214) ist zweifellos zuzustimmen, wenn er schreibt: „In Zukunft scheinen sich … zwei einander entgegengesetzte Bestrebungen aus den Spannungen zwischen den Menschenrechten und dem Pluralismus der Kulturen zu ergeben. Einmal versuchen mächtige politische Parteien den Universalismus der Menschenrechte durch kultur- und religionsspezifische regionale Menschenrechtsregime zu ersetzen oder zumindest einzuschränken. Zum anderen verteidigen unterschiedliche interkulturelle Ansätze den Universalismus der Menschenrechte und versuchen ihn in kritischer Auseinandersetzung mit der jeweils eigenen Kultur und über eine intraaktive Revision in dieser Kultur zu beheimaten. Beide Bestrebungen stehen in einem Gegensatz zueinander, der aber bedeutungslos wäre, wenn bei den Verbesserungen des Menschenrechtsschutzes, die immerhin von allen Staaten zumindest rhetorisch angestrebt werden, der Anspruch einer komplexen Begründung des menschenrechtlichen Universalismus aufgegeben würde" (Lohmann 2012:214).


Forum

Angeführte Literatur
- Dellavalle, Sergio
2011:  „Von oben" oder „Von unten"? Der Schutz der Menschenrechte – zwei Interpretationsansätze. In: Haller, Gret / Günther, Klaus / Neumann, Ulfrid (Hrsg.): Menschenrechte und Volkssouveränität in Europa. Geschichte als Vormund der Demokratie? Frankfurt/New York: Campus. 123 – 158.
- Galtung, Johan
2000:   Menschenrechte für das nächste Jahrhundert. In: Galtung, Johan (Hrsg.): Die Zukunft der Menschenrechte. Vision: Verständigung zwischen den Kulturen. Frankfurt/New York: Campus. 7ff.
- Habermas, Jürgen
2001:   Ein Gespräch über Gott und die Welt. In: Habermas, Jürgen: Zeit der Über-gänge. Kleine Politische Schriften IX. Frankfurt/Main: Edition suhrkamp. 173 – 196.
- Jäggi, Christian J.
2021:  Säkulare und religiöse Bausteine einer universellen Friedensordnung. Eine Zusammenschau. Baden-Baden: Tectum.
- Lohmann, Georg
2012:  Interkulturalismus und „cross-culture". In: Pollmann, Arnd / Lohmann, Georg (Hrsg.): Menschenrechte. Ein interdisziplinäres Handbuch. Stuttgart/Weimar: Verlag J.B. Metzler. 210 – 215.
- Von Harbou, Frederik
2014:  Empathie als Element einer rekonstruktiven Theorie der Menschenrechte. Baden-Baden: Nomos.


Texte zum Herunterladen (free download):
Leider können wir aus rechtlichen Gründen nur englische Texte zum free download anbieten - englische Texte hier...

Buchhinweise  
Christian J. Jäggi:

Doppelte Normativitäten zwischen staatlichen und religiösen Geltungsansprüchen – am Beispiel der katholischen Kirche, der muslimischen Gemeinschaften und der Bahá’í-Gemeinde in der Schweiz

Münster: Lit Verlag 2016. Reihe: Interreligiöse Begegnungen. Studien und Projekte. Band 12. 344 Seiten. ISBN 978-3-643-80208-8; broschiert.
Inhalt:
Im Alltag treffen säkulare und religiöse Normen und Werthaltungen aufeinander, die nicht kompatibel sind oder sich gegenseitig ausschliessen. Einerseits fordert und garantiert der säkulare Rechtsstaat Grundrechte für alle, anderseits beanspruchen religionsspezifische Rechtssysteme, eine göttliche Heilsordnung zu verwirklichen. Während der Staat grundsätzlich gegenüber allen Religionsgemeinschaften zur Neutralität verpflichtet ist, besteht er auf der Durchsetzung der Grundrechte in allen Religionsgemeinschaften. Am Beispiel der katholischen Kirche und des kanonischen Rechts, des Islams und des Scharia-Rechts sowie des Bahá’í-Rechts zeigt der Autor, dass alle drei Religionsgemeinschaften Defizite bei den Grundrechten aufweisen. Umgekehrt besteht in der Schweiz eine Ungleichbehandlung hinsichtlich öffentlich-rechtlicher Anerkennung. Auf der Basis dieser Analyse entwickelt der Autor konkrete Lösungsvorschläge.
Bestellungen bei uns: creality@bluewin.ch - wir leiten Ihre Bestellung gerne an den Verlag weiter - oder direkt beim Verlag.


 
Zurück zum Seiteninhalt | Zurück zum Hauptmenü